Fakt oder Mythos

Im Gewichtheben gibt es eine Reihe von Vorurteilen, die sich auf körperliche Erscheinung, Verletzungsrisiken und Leistungsaspekte beziehen. Hier sind einige gängige Vorurteile und eine Einschätzung ihrer Richtigkeit.

Training mit Gewichten vermindert das Wachstum der Kinder und schädigt die Wachstumsfugen

Wahrheitsgehalt: falsch

Hierfür liegen keine physiologischen Gründe vor. Zudem existieren keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die dieses Vorurteil belegen konnten. Die kontrollierte Gewichtsbelastung ist nicht gefährlich. Im September 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation ihre Empfehlungen überarbeitet und erweitert. Demnach gehört nun auch Kraftsport zum präventiven Gesundheitssport. (Quelle: World Health Organization (2020). WHO Guidelines on physical activity and sedentary behaviour. Online available https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/336656/9789240015128-eng.pdf?isAllowed=y&sequence=1)

Training mit Gewichten schädigt die Knochen

  Wahrheitsgehalt: falsch

Das Gegenteil ist der Fall. Krafttraining stärkt die Knochenstrukturen und erhöht die Knochendichte. Untersuchungen an Juniorengewichthebern konnten zeigen, dass sie eine höhere Knochendichte im Vergleich zu Kindern aus anderen Sportarten haben. Auch im Erwachsenenbereich wird therapeutisch mit gewichtsgestütztem Training Osteoporose behandelt, da sich aufgrund der Belastung die Knochendichte erhöht.

Gewichtheben macht massig und klobig

Wahrheitsgehalt: Teilweise

Gewichtheben kann die Muskelmasse erhöhen, aber das führt nicht automatisch zu einer „klobigen“ Figur.
Die Körperzusammensetzung hängt maßgeblich von der Genetik ab. Faktoren wie Trainingsmethode, Ernährung sind lediglich beeinflussende Momente. Viele Gewichtheber haben eine starke Muskulatur, aber das bedeutet nicht, dass sie klobig oder massiv aussehen. Tatsächlich gibt es Gewichtheber in verschiedenen Gewichtsklassen, die eher athletisch und nicht „massig“ wirken und somit über eine höhere relative Kraft verfügen. Für einige ist Muskelmasse ein Vorteil, während andere eher schlank und stark sind.

TRAINING MIT GEWICHTEN STEIGERT DAS RISIKO FÜR VERLETZUNGEN

Wahrheitsgehalt: falsch

Eine retrospektive Studie zur Verletzungshäufigkeit bei Heranwachsenden zeigte, dass die Verletzungsrate mit 0,012 Verletzungen pro 100 praktizierten Krafttrainingsstunden deutlich niedriger ist als in anderen Sportarten wie zum Beispiel Leichtathletik (0,03 Verletzungen pro 100 h) oder Fußball (0,14 Verletzungen pro 100 h). Vielmehr dient Krafttraining als eine Art Lebensversicherung. Sehen, Bänder und Gelenke werden ebenso wie der gesamte Stützapparat mit trainiert, sodass sich u.a. Überlastungsschäden reduzieren.

GEWICHTHEBEN IST GEFÄHRLICH UND FÜHRT ZU VIELEN VERLETZUNGEN

Wahrheitsgehalt: Nur teilweise richtig

Verletzungsrisiken gibt es wie in jeder Sportart, jedoch ist das Risiko oft geringer als in Sportarten wie Fußball oder Basketball. Gewichtheben erfordert eine gute Technik, und gut ausgebildete Gewichtheber, die mit kontrollierter Technik arbeiten, haben ein geringeres Verletzungsrisiko. Studien zeigen, dass Gewichtheben bei korrekter Ausführung sogar helfen kann, Verletzungen vorzubeugen, da es die Muskulatur und Gelenke stärkt und Stabilität fördert.

GEWICHTHEBEN IST NUR FÜR MÄNNER GEEIGNET

Wahrheitsgehalt: Falsch

Gewichtheben ist für alle Geschlechter geeignet, und viele Frauen betreiben diesen Sport erfolgreich. Es gibt heute viele Frauenwettbewerbe im Gewichtheben, und der Sport wird zunehmend beliebter bei Frauen. Der Mythos, dass Gewichtheben „männlich“ ist, ist veraltet und oft auf kulturelle Stereotype zurückzuführen. Tatsächlich kann Gewichtheben für Frauen viele gesundheitliche Vorteile bieten, darunter stärkere Knochen, verbesserte Körperzusammensetzung und gesteigerte Kraft:

Gewichtheben verlangsamt Bewegungen und mindert die Beweglichkeit

Wahrheitsgehalt: Falsch

Tatsächlich fördert Gewichtheben Beweglichkeit und Flexibilität, da viele Übungen ganzheitliche Bewegungsabläufe erfordern. Professionelle Gewichtheber trainieren oft Flexibilität, um die komplexen Bewegungsabläufe der Disziplinen Reißen und Stoßen zu bewältigen. Gewichtheben stärkt nicht nur die Muskeln, sondern auch die koordinativen Fähigkeiten und fördert Schnelligkeit und die Mobilität in den Gelenken.

Nur junge Menschen können mit Gewichtheben beginnen

Wahrheitsgehalt: Falsch

Gewichtheben kann in jedem Alter begonnen werden, solange die Übungen dem Fitnessniveau angepasst und sorgfältig ausgeführt werden. Tatsächlich profitieren auch ältere Menschen von einem Krafttraining, da es die Knochendichte unterstützt und die Mobilität und Muskelkraft verbessert, was im Alter für die Alltagsmotorik wichtig ist. Es gibt zahlreiche Beispiele von Menschen, die erst im späteren Leben mit dem Gewichtheben angefangen und gute Fortschritte erzielt haben.

Gewichtheben führt automatisch zu Gewichtsverlust

Wahrheitsgehalt: Nicht unbedingt

Der Kalorienverbrauch kann durch Gewichtheben gesteigert und der Stoffwechsel angeregt werden. Dies hilft beim Abnehmen, aber der eigentliche Gewichtsverlust hängt von der Gesamtkalorienaufnahme ab. Viele Menschen nutzen Gewichtheben, um Muskelmasse zu erhalten oder aufzubauen, was oft mit einem gezielten Ernährungsplan kombiniert wird. Für reinen Gewichtsverlust muss das Gewichtheben mit einem planmäßigen Kaloriendefizit einhergehen.

Fazit

Viele dieser Vorurteile beruhen auf Missverständnissen oder fehlendem Wissen über die korrekte Technik und die Vielfalt des Gewichthebens und Kraftsports im Allgemeinen. Gewichtheben ist ein vielseitiger Sport, der für unterschiedlichste Menschen und Altersgruppen geeignet ist und dabei weit mehr positive Effekte als Risiken mit sich bringt, wenn es richtig ausgeführt wird.